Patrick Hertweck Interview

 

 

Frage von Aneta von Bücher Dreams:

An was arbeitest du zur Zeit?

 

Patrick:

Zurzeit stecke ich ganz tief in der Recherche für meine neue Geschichte. Ich plane wieder einen Abenteuerroman ab Altersstufe 11 Jahre vor Historischer Kulisse. Soviel sei verraten: Er wird diesmal tief im Westen der USA spielen. San Franzisco statt New York, Berge und Schluchten statt Mietskasernen und Straßendschungel, aufgegebene Bergwerkstollen in der Einöde statt die Kanalisation unter einer pulsierenden Metropole, verlassene unheimliche Geisterstädte statt ein von Menschen überfüllter Pfuhl des Verbrechens. Mir schwebt jedoch keine Wild West-Romantik à la Karl May vor, sondern eher etwas Düsteres - eine Art „Deadwood“ für eine junge Leserschaft. Wie in „Maggie und die Stadt der Diebe“ wird es natürlich wieder jede Menge skurriler Figuren geben, die von dieser rauen Welt geformt wurden, sowie böse Halunken, mit denen es die vermeintlich Schwachen aufnehmen müssen.

 

 Frage von Colleen Strobel:

Wie kam dir die Idee zu Maggie und die Stadt der Diebe?

 

Patrick:

In der Auslage eines Antiquariats in der Freiburger Altstadt entdeckte ich eines Tages eine Chronologie über das New Yorker Bandenwesen von 1926. Die Welt, die dort beschrieben wurde, faszinierte mich auf der Stelle. Ich spürte, das New York des 19. Jahrhunderts mit seinen Spelunken, den Flusshäfen, den unterirdischen Gängen und den beeindruckenden Individuen, die dort lebten, bietet das ideale Setting für einen Abenteuerroman.

 

 Frage von A.g Kunz:

Wie lange dauerte es von der Idee bis zum fertigen Werk?

 

Patrick:

Für die Recherche habe ich etwa zwei Monate aufgewandt. Allerdings war damals unser mittlerer Sohn noch nicht im Kindergarten, so dass dazu nur die Abendstunden zur Verfügung standen. Die Hintergrundgeschichte hatte ich dann schnell gesponnen, da diese in Teilen auf Tatsachen beruhte. Danach habe ich mir ein paar Wochen den Kopf zerbrochen über die Geschichte, die in der Gegenwart des Romans im Jahre 1870 angesiedelt ist. Eines Tages sah ich vor meinem inneren Auge dieses ungewöhnlich gekleidete Mädchen durch die Slums Manhattans irren und bald hatte ich das Grundgerüst des Romans sowie 30 Seiten Text beisammen. Mein Agent hat darauf Exposé und Textprobe beim Thienemann-Esslinger-Verlag vorgestellt. Im Sommer 2014 erhielt ich den Auftrag für den Roman, dessen Rohfassung ich dann zwischen Oktober und Dezember geschrieben habe.

 

Fragen von San Dra:

Wie hat es sich angefühlt das erste Exemplar seines Werkes in der Hand zu halten?

 

Patrick:

Das war schon ein unbeschreiblich schönes und zugleich seltsames Gefühl. Als Autor kennt man ja den Text sehr gut, hat diesen aber stets nur auf dem Rechner oder auf irgendwelchen losen ausgedruckten Seiten vor sich. Irgendwann bekommt man dann den Vorschlag für das Cover und damit auch eine Ahnung, wie das Buch später ungefähr aussehen wird. Aber als ich dann „Maggie und die Stadt der Diebe“ erstmals gebunden in Händen hielt und darin blätterte, ging mir erst richtig auf, dass ich nun tatsächlich Autor eines richtigen Buches war - dazu noch ein, wie ich finde, optisch sehr ansprechendes, das meine kühnsten Vorstellungen bei Weitem übertraf. Ich bin meinem Verlag sehr dankbar, dass er mit Maximilian Meinzold einen Illustrator engagiert hat, der die Atmosphäre des Romans kongenial umgesetzt hat.

 

San Dra:

Haben dich deine Kinder ein Stück weit inspiriert?

 

Patrick:

Ganz sicher, San Dra! Ich bin überzeugt, ich hätte nicht genau diesen Roman schreiben können ohne die Erfahrungen eines Vaters. Überhaupt bin ich der Meinung, dass jede Figur in einem Roman inspiriert ist von Menschen, die einen umgeben oder denen man in seinem Leben begegnet ist, und sich in diesen auch eigene Gefühle und Charaktereigenschaften wiederspiegeln.

 

San Dra:

 - würdest du dir wünschen das es eine Verfilmung gibt?

 

Patrick:

Eindeutig ja. Aus verschiedenen Gründen. Zum einen bin ich als Schriftsteller wohl noch mehr durch Filme als durch Literatur beeinflusst und kann mir gut vorstellen, dass Maggies Geschichte wunderbar auf der Leinwand funktionieren könnte. Außerdem würde eine Verfilmung sicher erheblich den Bekanntheitsgrad meines Erstlings steigern. Aber ich bin Realist genug, um zu wissen, dass dies doch höchst unwahrscheinlich ist, zumal der Film wegen der Historischen Kulissen sicher sehr aufwendig und teuer werden würde. Ich wäre schon sehr glücklich, wenn es zu „Maggie und die Stadt der Diebe“ einmal ein Hörbuch gäbe, denn ich würde mir meine Geschichte sehr gerne einmal von einem hervorragenden Sprecher/in vorlesen lassen. ✨

 

San Dra:

-was wolltest du beim Leser mit dieser Geschichte für Gedanken und Gefühle auslösen?

 

Patrick:

Eine gute Frage. Während des Schreibens sind mir verschiedene Figuren wie Maggie, Tom und Goblin ans Herz gewachsen. Ich wäre zufrieden, wenn der Leser mit ihnen mitfühlen und ihre Motivationen und die Gründe für ihr Handeln nachvollziehen kann. Viele Leser fanden meinen Roman fesselnd und spannend und nicht wenige berichteten mir, dass er sie am Ende traurig stimmte und sie ein paar Tränen verdrücken mussten. Das ist das schönste Kompliment, das man meinem Buch machen kann, denn mir ging es beim Schreiben ähnlich, zumal ich zunächst ein völlig anderes Ende im Sinn hatte und mich die Geschichte – gottlob - regelrecht zu einem anderen Schluss genötigt hat. Außerdem würde es mich freuen, wenn die Leser in eine Welt entführt worden wären, die ihnen neu war und durch die Lektüre des Romans nun nähergebracht wurde und sie damit auch einen Einblick in Lebensumstände gewonnen haben, die so grundlegend anders sind als die unsrigen heute und zugleich denen gar nicht so unähnlich sind, mit welchen gerade viele Menschen konfrontiert sind, die aus ihrer Heimat an Orte in der Fremde in eine ungewisse Zukunft fliehen mussten.

 

Frage von Denise Barendsma:

Wie bist du zum Schreiben gekommen und wo schreibst du und worauf.

 

Patrick:

Den Wunsch zu Schreiben hatte ich schon in der Kindheit. Es mussten jedoch ein paar Jahrzehnte vergehen, ehe ich mir das zugetraut habe. Nachdem ich meinen Job, in dem ich viele Jahre tätig war, aufgegeben hatte, war dieser Wunsch plötzlich wieder da. Ich war damals um die 40 Jahre alt und mir war klar, wenn du das jetzt nicht ernsthaft versuchst, dann wird das Schreiben immer ein Traum bleiben. Wenn ich etwas anfange, bin ich ziemlich ehrgeizig und manchmal sogar geradezu verbissen auf ein Ziel fixiert. Zugleich habe ich nach Jahren Büroarbeit und der Beschäftigung mit Zahlen und Statistiken gemerkt, dass mich das Schreiben mehr erfüllt als alles andere, an dem ich mich zuvor in meinem Leben versucht hatte. Das half ungemein, den langen und steinigen Weg mit höchst ungewissem Ausgang durchzuhalten, der vor einem liegt, wenn man die ersten zaghaften unbeholfenen Schritte auf einem ganz neuen Terrain unternimmt. Ich schreibe übrigens immer außer Haus, irgendwo, wo ich meine Ruhe habe, aber zugleich von Menschen umgeben bin. Den Text sowie die meisten Notizen gebe ich immer in den Laptop ein, weil ich rasch die Übersicht verliere, wenn ich mit irgendwelchen Fresszetteln hantieren muss. Spontane Ideen jedoch kommen immer in mein Notizbuch. Manchmal lese ich diese mit einigem Abstand noch einmal und wundere mich, was sich daraus entwickelt hat und wie weit das fertige Resultat von den hingekritzelten Gedanken abweicht.

 

Frage von Manu von Bücher Dreams:

Wolltest du von vorneherein ein Kinderbuch schreiben oder war das eher Zufall?

 

Patrick:

Manu, solche Schubladen sind natürlich auf dem Buchmarkt unerlässlich, denn schließlich muss man die Bücher ja für bestimmte Altersgruppen und Lesergeschmäcker empfehlen können. Als Autor denke ich nicht in solchen Kategorien. Ich wollte eigentlich nur einen fesselnden Abenteuerroman schreiben, der im Subtext auch grundsätzliche Themen wie Liebe, Tod, Schuld und Verrat transportiert und je nach Lebenserfahrung der Leser unterschiedlich gelesen werden kann. Vorbilder waren für mich Klassiker wie Treasure Island, Huckleberry Finn oder Oliver Twist. Ein großes und unerreichbares war sicher auch Harry Potter. Rowling hat schließlich nicht nur die Geschichte eines jungen Zauberers gegen einen ziemlich fiesen Todfeind beschrieben. Es geht ihr auch - und vermutlich viel mehr noch - um Freundschaft, Erwachsenwerden sowie Trauer und Sehnsucht und nicht zuletzt um die Versuchung des Bösen und den Glauben, an die größte Macht - die Liebe!

 

Frage von Lea Benke:

Was für Orte bevorzugst du um deine Inspiration und Phantasie freien Lauf zu lassen für die Bücher ?

 

Patrick:

Ich mag die Gegensätze! Der ideale Tag für Kreativität sieht für mich so aus: Ich gehe morgens 1-2 Stunden durch einen einsamen Wald joggen und lasse dabei meine Gedanken hinterher fliegen. Danach verziehe ich mich in einer dämmrig beleuchtete und nur von ein paar lichtscheuen Kreaturen besuchten Kneipe in eine noch finsterere Ecke, während draußen die Sonne scheint und das Leben tobt. Am liebsten wäre mir als beruhigende Geräuschkulisse die eines nahegelegenen Freibades, während ich in die Welt meines Romans abtauche. Frag mich bloß nicht, warum das so ist. Ich habe keine Ahnung…

 

 

Vielen herzlichen Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

Danke, Annette


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